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Erkner im Lärm – eine Recherche


Den besonderen landschaftlichen Reiz erhält Erkner durch seine Umgebung, mit den Seen, Flüssen und Fließen, weiten Wiesenflächen und stillen Wäldern, die jeden Wanderer, Reiter, Wasserfreund und Angler begeistern. Dieser Satz stammt aus dem Regionalen Strukturkonzept für die AG Ost im Kommunalen Nachbarschaftsforum Berlin-Brandenburg zu den Auswirkungen des Flughafens BBI. Stille Wälder, die begeistern? Fehlanzeige. Kein einziges Wort findet sich in der Hochglanzbroschüre zum Fluglärm über Erkner. Fluglärm stellt wohl keine Auswirkung des BBI dar? Von den drei Prominenten, die das Vorwort unterzeichneten, hätte zumindest Minister Vogelsänger als Erkneraner dies bemerken können. Er bemerkte es nicht … Lassen wir die Fakten sprechen.

Lärm von der Eisenbahnstrecke Berlin–Frankfurt (Oder)

Die Strecke wurde vor kurzem für eine Leitgeschwindigkeit von 160 km/h ausgebaut. Die erhöhte Geschwindigkeit bedingte eine Bogenaufweitung der Hauptgleise im Bahnhofsbereich. Folglich mussten diese um bis zu 12 Meter nach Süden verschoben werden. Ein bereits fertiggestellter Streckenabschnitt von 250 Meter Länge süd-östlich der Beuststraße wurde ein zweites Mal verlegt – Glück für an der Bahn wohnende Menschen. Sie erhielten infolge der Fehlplanung einen Anspruch auf Maßnahmen zur Lärmvorsorge.

Die ursprünglich geplante Lärmschutzwand von zwei Meter wurde noch einen Meter höher gebaut. 96 Prozent der ermittelten Immissionsorte (Fenster, Balkontüren usw. der zur Bahn hin liegenden Gebäudeseiten), mit Grenzwertüberschreitungen bei Tag und 56 Prozent der Immissionsorte, mit Grenzwertüberschreitugen nachts werden durch die Wand direkt geschützt, wie der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 6. 9. 2007 aussagt. In der Beuststraße 1–4, 24 und 25, der Ernst-Thälmann-Straße 1–4, 6–10, 11a–c, 42–47 und 51 besteht aufgrund der immer noch beträchtlichen Überschreitungen der Grenzwerte bei Nacht darüber hinaus ein Anspruch auf passiven Lärmschutz, insbesondere an Fenstern, Türen, Rollladenkästen, Wänden, Dächern sowie Decken unter nicht ausgebauten Dachräumen. Die Aufwendungen für erforderliche Schallschutzmaßnahmen erfolgt über die DB Netz AG, Regionalbereich Ost nach vorheriger Vereinbarung. Mieter können die Kosten erstattet bekommen, sofern sie die Lärmschutzmaßnahmen mit Zustimmung des Eigentümers durchführen. Art und Umfang der Maßnahmen bestimmen sich nach der 24. Bundesimmissionsschutzverordnung. Spannend ist die Frage, wer diesen Anspruch bisher eingelöst hat. Sollte Interesse bestehen, ob die Planfeststellung einen Anspruch auf passiven Lärmschutz vorsieht, kann dies bei mir erfragt werden – Tel. (0 33 62) 48 16.

Die hohen Überschreitungen der Grenzwerte für Schienenlärm in der Nachtzeit setzen sich nach Süd-Osten entlang der Strecke bis zu den fünfgeschossigen Wohngebäuden an der Gerhart-Hauptmann-Straße und nach Nord-Westen bis zur Stadtgrenze Berlin fort, ohne dass hier ein rechtlicher Anspruch auf Lärmvorsorge besteht: Im Winkel über 55 dB(A), bahnseitig in der Rudolf-Breitscheid-Straße 1–7 und 12–14, bis zu 58,4 dB(A) in der Wollankstraße 1–8 in den oberen Geschossen der Aufgänge, je näher sich diese an der Ernst-Thälmann-Straße befinden. In der Beuststraße kein anderes Bild: Lärm bis zu 63,3 dB(A) nachts. Dabei werden Lärmbelastungen von über 60 dB(A), denen Menschen in der Nacht ausgesetzt sind, als „sehr hoch“, Lärmbelastungen zwischen von 55–60 dB(A) als „hoch“ eingestuft. Die detaillierte Übersicht der ermittelten Lärmwerte an den Gebäuden, allen Geschossen und Seiten kann eingesehen werden.

Erkner hatte 2005 auf Initiative der LINKEN in der Stadtverordnetenversammlung Antrag auf Einbeziehung der Eisenbahn-Ortsdurchfahrt in das freiwillige Lärmsanierungsprogramm des Bundes gestellt. Da die DB AG die Prioritäten nicht nach einzelnen Orten, sondern nach Streckenabschnitten festlegt, wird Erkner auf absehbare Zeit keine Chance haben. Dieser Streckenabschnitt reicht von Erkner bis Pillgram. Die außerordentliche hohe Priorität von Lärmschutz an der Eisenbahnstrecke durch Erkner wird durch die geringe Priorität in Hangelsberg, Fürstenwalde-West, Berkenbrück und Briesen sowie Pillgram auf Grund der geringen Bebauungshöhe und -dichte überdeckt. Dabei hatte das Umwelt-Zentrum der DB, Bereich Schall- und Erschütterungsschutz, die Strecke Berlin–Frankfurt (Oder) als eine von ganz wenigen Strecken in Ostdeutschland in die höchste Klasse der durch den Bahnverkehr entstehenden Emissionen – über 75 dB(A) nachts – eingeordnet (siehe: Gesamtkonzept Lärmsanierung 2002).

Ab November 2015 kommt hinzu, dass die Eisenbahnstrecke durch Erkner gemäß der Verordnung der Europäischen Union Nr. 913 vom 22. September 2010 zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes … zu einem der ersten europäischen Güterverkehrskorridore (GVK) gehören wird, dem GVK 8, der von Bremerhaven/Rotterdam/Antwerpen über Berlin nach Warschau und weiter nach Terespol/Kaunas verläuft. GVK werden für große Güter- und Handelsströme entlang des Korridors eingerichtet. Dann wird es in der Stadt und in den Wäldern an der Strecke noch lauter.

(wird zu Lärm durch Autobahn A10 und Landesstraßen L30/L38 fortgesetzt)


Dr. Lothar Kober
Fraktion DIE LINKE
Mitglied in den Ausschüssen Ortsgestaltung, Bauplanung, Natur- und Umweltschutz, Verkehr sowie Finanzen, Haushalt, Wirtschaftsförderung und Tourismus,
Mitglied des Aufsichtsrates der Wohnungsgesellschaft Erkner mbH,
Telefon (0 33 62) 48 16


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