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Fragen des Stadtverordneten Prof. Dr. Tankred Schewe zu Auswirkungen des Flughafens BBI auf Erkner


Anfrage 1

Wie haben sich die Bodenrichtwerte in Erkner seit dem Planfeststellungsbeschluss zum Standort Schönefeld für den zukünftigen Hauptstadtflughafen BBI bis zum heutigen Tag entwickelt? Welche Tendenzen zeichnen sich infolge der aktuellen Flugroutendiskussionen derzeit in Erkner ab?

Hintergrund:

In der MOZ-Ausgabe vom 24.2.2011 („BBI-Debatte verunsichert Hauskäufer“) wird über negative Erfahrungen von Immobilienmaklern der Region berichtet. Weiterhin wird für die in der Einflugschneise der Landebahn des Flughafens Schönefeld im Berliner Stadtbezirk Köpenick gelegenen Grundstücke in den letzten 10 Jahren ein BBI-bedingter Wertrückgang von 12 Prozent angegeben. Für Erkner hingegen enthielt der Artikel keine Angaben.

Antwort der Stadtverwaltung:

Wir haben hierzu Herrn Schreiber als Vorsitzender des zuständigen Gutachterausschusses um die Beantwortung gebeten. Herr Schreiber beantwortet die Frage wie folgt:

Nachfolgend als Anlage 1 habe ich eine Ubersicht der Entwicklung der Bodenrichtwerte repräsentativer Zonen des engeren Verflechtungsraumes zu Berlin beigefügt. Dazu eine Übersicht der Vorgänge im Segment der bebauten und unbebauten Grundstücke. Dieses sind Fakten ohne Wertung. Bodenrichtwerte müssen nachvollziehbar sein, in der Regel aufgrund tatsächlich erzielter Kaufpreise, sie werden nicht begründet.

Eine Kernaufgabe des Gutachterausschusses ist die Herstellung der Markttransparenz, was er z.B. durch die jährlich zu ermittelnden Bodenrichtwerte und die Veröffentlichung des Grundstücksmarktberichtes tut. Dies hat insbesondere interessensneutral zu geschehen. Der Markt darf nicht durch Wertungen und Hypothesen des Gutachterausschusses beeinflusst werden.

Daraus folgt, dass ich mich als Vorsitzender des Gutachterausschusses zu einer Problematik nur äußere, wenn gesicherte Erkenntnisse vorliegen. Dieses ist nicht gegeben.

Bis zum Stichtag 01.01.2011 können keine signifikanten Auswirkungen durch den BBI, weder werterhöhend noch wertmindernd, nachgewiesen werden. Die werterhöhenden und die wertmindernden Einflussfaktoren der Grundstücke im Allgemeinen sowie im sog. Speckgürtel zu Berlin im Speziellen sind so vielschichtig, dass eine seriöse Aussage nicht möglich ist.

Gleichwohl liegen Erkenntnisse vor, die im Kollegenkreis, insbesondere aus den besonders betroffenen Landkreisen Dahme-Spree, Teltow-Fläming und Potsdam-Mittelmark, diskutiert werden.

  1. Seit Beginn der Flugroutendiskussion (nicht Planfeststellungsbeschluss) ist in den betroffenen Gemeinden ein sehr deutlicher Rückgang beim Abschluss von Kaufverträgen im Segment des "individuellen Wohnungsbaus" zu verzeichnen. Interessanterweise gilt dies aber nicht für alle betroffenen Gemeinden gleichermaßen (s. Anlage 2).
  2. Ein Rückgang beim Umsatz (Zahl der beurkundeten Kaufverträge) ist nicht zwingend mit einem Wertverlust verbunden. Eine belastbare Aussage über Verträge, die nicht abgeschlossen werden, ist nicht möglich. Ich beziehe mich auf eine Befragung der Makler (M0Z-Artikel), die von Kunden berichten, die wegen möglicher Lärmbelastung von einem Kauf zurückgetreten seien. Wäre Lärm das wesentliche Kriterium, wären die Grundstückswerte in Klein Muckrow sicher höher als in Erkner.
  3. Gesichert ist die Existenz eines sog. "Käufermarktes". Bis auf Ausnahmen bei besonders begehrten Flächen, bestimmen infolge des Überangebotes die Käufer die Preisbildung wesentlich. Das Überangebot resultiert aus der demographischen Entwicklung und der Bevölkerungsbewegung.
  4. Nicht nur Angebot und Nachfrage bestimmen den Markt, insbesondere sind die psychologischen Momente beachtlich, deren Einfluss nur schwer nachweisbar ist und wenn, auch nur als mehr oder weniger sichere Hypothese. Gerne werden von verschiedener Seite Gutachten in Auftrag gegeben, wie sich bestimmte Maßnahmen auf die künftige Bodenwertentwicklung auswirken. Dies ist dem Bedarf geschuldet, weshalb die neue Immobilienwertermittlungsverordnung bei der Verkehrswertermittlung Aussagen zu den perspektivischen Möglichkeiten eines Grundstückes vorschreibt. Im Gegensatz zur bisherigen Betrachtungsweise (was ist auf dem Grundstücksmarkt bis heute geschehen) werden künftig verstärkt spekulative Aspekte zu beachten sein. Allerdings ist eine Gewährleistung über das Eintreten bestimmter Entwicklungen nicht verbunden.


Anlagen:

Anlage 1:
Bodenrichtwertentwicklung von 2001 bis 2011 It. Information des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Landkreis 0der-Spree
(zur Antwort zur Anfrage von Prof. Dr. Schewe zur BRW-Entwicklung zur 15. SVV)

<media 31443 - download>siehe Tabelle (PDF)</media>


Anlage 2:
Kauffälle Gemarkung Erkner — Anstieg der Anzahl der Kauffälle zu verzeichnen (zur Antwort zur Anfrage von Prof. Dr. Schewe zur BRW-Entwicklung zur 15. SVV)

Jahr      bebaute Grundstücke     unbebaute Grundstücke
           Anzahl                         Anzahl

2004     30                              38
2006     35                              35
2008     26                              40
2010     77                              46



Anfrage 2

1.1 Welche Schlussfolgerungen hat die Dynea GmbH aus dem Brand am 01.02.2010 in Bezug auf die Sicherheit des Werkes und der Stadt gezogen?

1.2 Wie hat die Stadtverwaltung darauf Einfluss genommen?

2.1 Liegt der Stadtverwaltung der Externe Notfallplan für das Dynea-Werk vor? (gemäß § 40 des Gesetzes zur Neuordnung des Brand- und Katastrophen­schutz­rechts im Land Brandenburg (BbgBKG) vom 24. Mai 2004)

2.2 Berücksichtigt der Externe Notfallplan den Umstand, dass dort betriebsbedingt große Mengen an leicht brennbaren Lösungsmitteln der Gefahrenklassen AI und B lagern und das Betriebsgelände bei Westwind unmittelbar unter der Einflug­schneise für den jetzigen Flughafen SXF und aller Wahrscheinlichkeit nach auch für die Nordbahn des künftigen Hauptstadtflughafens BBI liegt?

2.3 (Falls die Antwort auf 2.1 negativ ausfällt) Hatte die Stadt von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, in der Zeit der öffentlichen Auslegung des Entwurfs des Externen Notfallplans für die Dynea GmbH im Ordnungsamt das Landkreises in Beeskow vom 04.08.2008 bis 05.09.2008 (Amtliche Bekanntmachung in der MOZ vom 2/3. August 2008) Einsicht zu nehmen? Falls nein, warum nicht? Falls ja, warum wurden während der Auslegefrist keine Bedenken bzw. Anregungen seitens der Stadt Erkner vorgebracht?

2.4 Welche aktuellen Schlussfolgerungen ziehen Bürgermeister und Stadtverwal­tung, um dem berechtigten Sicherheitsbedürfnis in Bezug auf das Dynea-Werk gerecht zu werden?

Hintergründe:

Die Märkische Oderzeitung hatte am 3.2.2010 und 29.4.2010 über den Brand im Dynea-Werk berichtet. Im Beitrag vom 29.4.2010 warf die MOZ der Dynea GmbH Sicherheitsmängel vor („Schlamperei führte zu Brand im Chemiewerk“), die auch zur Auslösung des Brandes geführt hätten. Eine Katastrophe sei nur dadurch ausge­blieben, weil die Lösungsmitteltanks nicht betroffen waren.

Die SVV, der Bürgermeister und die Stadtverwaltung haben eine besondere Verant­wortung für die Sicherheit der Einwohner und Gäste Erkners. Seit dem Brand im Dynea-Werk ist ein Jahr vergangen – genügend Zeit, um die richtigen Schluss­folge­rungen zu ziehen, damit die berechtigte Besorgnis der Bürger ausgeräumt werden kann. Dafür sind präzise Informationen erforderlich.

Es steht außerdem die Frage im Raum, ob im Zusammenhang mit einem vermutlich höheren Risiko ein Überflug des Dynea-Werks überhaupt moralisch und gesetzlich vertretbar ist.


Antwort der Stadtverwaltung:

zu 1.1:

Die Dynea Erkner GmbH beschäftigt 130 Mitarbeiter, die 65.000 t Produkte herstellen. Die Dynea Erkner GmbH hat 150 verschiedene Rohstoffe und beliefert ca. 250 Kunden.

Zum Ereignis vom 01.02.2011 hat es eine Vielzahl von Untersuchungen, der Ämter, der Behörden, aber auch der Berufsgenossenschaft, der Versicherung, der Polizei und der Staatsanwaltschaft gegeben. Wobei die Untersuchung der Staatsanwaltschaft noch nicht abgeschlossen ist. Die Dynea Erkner GmbH unterliegt den Auflagen gemäß der vierten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Das bedeutet für das Unternehmen, dass alle Veränderungen angezeigt werden müssen und das LUGV (Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz) entscheidet, ob ein Genehmigungsverfahren gemacht werden muss. Im Genehmigungsverfahren werden alle Aspekte, der Umwelt, des Verbraucherschutzes, des Brandschutzes, des Arbeitsschutzes und des Bautenschutzes geprüft. Wenn man eine Genehmigung bekommt, entsprechen alle Änderungen den gesetzlichen Vorgaben.

Der Vorfall am 01.02.2010 ist kein Vorfall, der anlagenbezogen oder verfahrensbezogen war, sondern ein Vorfall der durch 2 Fehler von 2 Mitarbeitern verursacht worden ist. Es sind erfahrene Mitarbeiter. Dieser Fehler ist jedoch nicht durch Schlamperei entstanden. Der Großbrand hat das Werk rund 750.000 Euro gekostet.

Die Dynea Erkner GmbH hat daraus folgende Schlussfolgerungen gezogen. Da es keine verfahrensrelevante oder anlagenbezogene Situation war, sondern eine personenbezogene Situation, legte man bei der Untersuchung mehr den Focus auf die Zusammenarbeit mit den örtlichen Organen und der Feuerwehr. Der Vorfall wurde durch die Versicherung, durch ein unabhängiges Gutachten vom TÜV untersucht. Es entstand ein Maßnahmeplan, der gegenüber des LUGV abgearbeitet wurde.

Die Dynea Erkner GmbH ist verpflichtet für die Mitbewohner, die im näheren Umkreis wohnen, eine Broschüre zu erstellen und sicherheitstechnisch zu berichten. Diese Broschüre wurde erarbeitet und kann von allen zur Einsicht genommen werden.

zu 1.2:

Die Auswertung des Brandgeschehens erfolgte am 15.04.2010, bei der Katastrophenschutzbehörde mit dem Sicherheitsbeauftragten der Dynea Erkner GmbH der Vertreterin der Ordnungsbehörde und dem Stadtwehrführer. Hier wurden im Zusammenhang mit dem Brand aufgetretene Probleme diskutiert und die notwendigen Schlussfolgerungen gezogen.

zu 2.1:

Der externe Notfallplan des Landkreises Oder-Spree in der Fassung vom 15.09.2008 liegt der Stadtverwaltung vor.

zu 2.2:

Der Notfallplan wird mit der Flugsicherung abgesprochen. Er wurde bereits eingereicht. Es wird auch weiterhin in Verbindung mit der Behörde verhandelt und gesprochen.

zu 2.3:

Da ein Notfallplan vorliegt, entfällt im eigentlichen Sinne die Beantwortung. Die Stadtverwaltung hat keine Anregungen und Bedenken vorgebracht, weil ein ständiger Konsens mit der Katastrophenschutzbehörde stattfand. Alle Hinweise die die örtliche Feuerwehr gegeben hat, wurden eingearbeitet.

zu 2.4:

Der Notfallplan liegt vor und wurde den zuständigen Behörden bekannt gegeben. Die Flugsicherung ist bestens informiert.



Prof. Dr. Tankred Schewe
Mitglied im Ausschuss Ortsgestaltung, Bauplanung, Natur- und Umweltschutz, Verkehr