Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Aktuell


Dr. Artur Pech Redebeitrag im Kreistag „Bereitstellung weiterer finanzieller Mittel zur Ertüchtigung „Haus Hoffnung“ Fürstenwalde und Errichtung eines Mehrzweckgebäudes auf dem Gelände in Fürstenwalde“

 

Dr. Artur Pech

Redebeitrag im Kreistag Oder-Spree am 08. 05. 2024 zum

Tagesordnungspunkt 22

„Bereitstellung weiterer finanzieller Mittel zur Ertüchtigung „Haus Hoffnung“ Fürstenwalde und Errichtung eines Mehrzweckgebäudes auf dem Gelände in Fürstenwalde“

 

Sehr geehrte Abgeordnete,

in der Sachdarstellung heißt es

 

„Für den Landkreis Oder-Spree besteht weiterhin eine Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen. Für die Aufnahme und Unterbringung der Zugewiesenen gilt das im kreislichen Integrationskonzept verankerte zweistufige Unterbringungsverfahren. Danach soll die Erstaufnahme nach Zuweisung in den Landkreis in einer Gemeinschaftsunterkunft erfolgen.

Hier werden die Flüchtlinge an das Leben im für sie fremden Land herangeführt. Die Plätze in den kreislichen Gemeinschaftsunterkünften sind begrenzt.“

Das zwingt mich auf Zusammenhänge einzugehen, von denen mir in der vorigen Woche aus der Kreisverwaltung mitgeteilt wurde, das gehe die Fraktion nichts an, und wenn sie für einschlägige Publikationen Geld ausgibt, dann werde sie mit dem Entzug der so verausgabten Fraktionsmittel bestraft.

Ich zitiere aus der Publikation, die zum Anlass für eine solche Ankündigung genommen wurde:
 „Für die Unterbringung der den Kommunen angekündigten Zahl der zugewiesenen Personen fehlen die Kapazitäten, für die Schaffung der Kapazitäten fehlt das Geld. Und wenn solche Kapazitäten dann geschaffen, aber aus welchen Gründen auch immer nicht ausgelastet werden, bleiben die Kommunen auf den Kosten sitzen. Letzteres führt dazu, dass sie es darauf ankommen lassen und bei Bedarf auf Notlösungen wie die Unterbringung in Turnhallen zurückgreifen. Das macht dann böses Blut. Dieser Mechanismus ist es, der dazu beiträgt, die vielzitierte Fremdenfeindlichkeit zu produzieren.

Nun gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, damit umzugehen. Die eigentlich naheliegendste wäre es, die erforderlichen Kapazitäten vorzuhalten und das den Kommunen auskömmlich zu finanzieren. Das ist offenkundig nicht beabsichtigt. Die diversen »Flüchtlingsgipfel« beim Bundeskanzler, bei verschiedenen Ministern und Ministerpräsidenten haben dafür jedenfalls keine Lösung gebracht.

Wenn die Wirkungen von Migration und insbesondere von Fluchtbewegungen jetzt wieder regelmäßig auf der Tagesordnung des Kreistages stehen, dann geht es vordergründig nicht um die »hohe Politik«, sondern um den scheinbar von größeren Zusammenhängen abgekoppelten Umgang mit deren Folgen für die Kommunen…

Das nach dem Prinzip des »Teile und Herrsche« konstruierte Gewirr bürokratischer Zuständigkeiten will es, dass die Kommunen für Unterbringung der Menschen zuständig sind, die ihnen nach dem Aufenthalt in der »Zentralen Ausländerbehörde« (ZABH) des Landes Brandenburg in Eisenhüttenstadt zugewiesen werden.

Diese »Unterbringung« soll - der bürokratischen Regelung folgend - so lange gesichert werden, bis über das laufende Asylverfahren entschieden wurde. Danach sollen diese Menschen diese Unterkünfte verlassen.

Die Anerkannten sollen sich selbst um Wohnraum kümmern, nicht Anerkannte abgeschoben werden, aber alle sollen sehen, wo sie bleiben. Denn das etablierte System funktioniert nur dann weiter, wenn die vorhandenen Kapazitäten wieder freigezogen werden, damit Platz für die Nächsten wird.

An dieser Stelle versagt das System. Denn die Anerkannten finden keine Wohnung und sie in die Obdachlosigkeit hinauszuwerfen, geben schon die rechtlichen Regelungen nicht her-von Ansprüchen eines humanen Umgangs nicht zu reden.

Und die nicht Anerkannten, in der Schwebe zwischen Duldung und Abschiebung, müssen häufig auch nach einer für sie negativen Entscheidung in den Unterkünften verbleiben.“

Dieser Text entstand vor dem Dezember-Kreistag 2023.

Da hatte meine Fraktion den Antrag zur Errichtung von Unterkünften für die Unterbringung von dem Landkreis zugewiesenen geflüchteten Personen in Schöneiche eingebracht (Errichtung von Unterkünften für die Unterbringung von dem Landkreis zugewiesenen geflüchteten Personen in Schöneiche bei Berlin Antrag: 17/DIE LINKE/2023/NEU)

Dieses Vorhaben hatte der Kreistag am 8. Dezember 2021 beschlossen und es wurde bis heute – aus finanziellen Gründen – nicht angegangen.

Ich verstehe die finanzielle Bestrafung der Fraktion auch als Teil einer Politik, mit der missliebige Positionen zum Schweigen gebracht werden sollen und natürlich werden wir uns nach Kräften dagegen wehren.

Ich habe den Text so vorgetragen, wie er im Buch nachzulesen ist und auf jegliche Aktualisierung verzichtet.[1]

Vernünftig ist es, wenn die Verwaltung jetzt mit dem heute in Rede stehenden Vorhaben ein Stück weit vorsorgen will, um Ereignissen wie der Turnhallen-Demo in Fürstenwalde im vorigen Sommer vorzubeugen. Dem stimmen wir zu, auch wenn die Maßnahme wieder nur mit dem finanziellen Druck des Landes begründet wird, und auch wenn Wohnungen die bessere Lösung wären.

 

 


[1] Marx und Enges über Migration, S. 5f.