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Tesla-Ansiedlung in Grünheide (Mark)

 

(A) Verkehr

Tesla betrachtet seine Unternehmenstätigkeit als einen Beitrag zur ökologischen Transformation des Verkehrssektors im Sinne einer Antriebswende vom fossilen zum batterie-elektrischen Antrieb von Pkw. In diesem Sinne setzt sich das Unternehmen nach eigenem Bekunden dafür ein, den von seiner neuen „Gigafactory“ in Ostbrandenburg induzierten Verkehr möglichst umwelt- und klimaschonend abzuwickeln.

Ob die Tesla-Ansiedlung tatsächlich zur sozial-ökologischen Verkehrswende in der Region beiträgt (oder diese zumindest nicht negiert) wird maßgeblich davon abhängen, ob die verkehrliche Erschließung des geplanten Industriestandortes für den Personen-und Güterverkehr vorrangig auf der Schiene bzw. über den Umweltverbund erfolgt.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich derzeit mehrerlei Problemstellungen:

  1. Es fehlt ein Konzept zum betrieblichen Mobilitätsmanagement. Hierbei ist Tesla selbst aufgefordert zu erklären, wie die An- und Abfahrt der Beschäftigten nicht – wie den Antragsunterlagen zu entnehmen ist – hauptsächlich über den Motorisierten Individualverkehr, sondern mit vorrangig mit Bahn, Bus und Fahrrad erfolgen kann. Ferner sollte das Konzept Angaben zur Abwicklung des werksinternen Personen- und Güterverkehrs enthalten.
     
  2. Wie von der Landesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage mitgeteilt und seitens der Deutschen Bahn (DB) und weiterer Sachverständiger kürzlich in einer Anhörung des Verkehrsausschusses im Landtag bestätigt, fehlen noch immer konkrete Planungen für den Ausbau des Gleisanschlusses für den Güter- und ggf. auch Personenverkehr auf das Werksgelände. Hierfür hat die DB zwar bereits Vorschläge vorgelegt, noch immer fehlen jedoch Tesla-Angaben zum tatsächlichen Bedarf. Entscheidend für die Realisierung des Vorhabens ist eine entsprechende Planungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Land, der DB Netz, der Deutschen Regionaleisenbahn (DRE) als Eigentümerin der Werksbahnanlagen sowie Tesla. Nach Angaben der DB drängt inzwischen die Zeit. Soll eine provisorische Übergangslösung für den Schienengüterverkehr bis zum geplanten Produktionsstart in einem Jahr hergestellt werden, müssen die Bauplanungen in den nächsten Wochen beginnen. Ein Ausbau der Gleisanlagen im für das Tesla-Versprechen von 100 Prozent produktionsbezogenem Güterverkehr auf der Schiene benötigten Umfang, kann nach DB-Expertise nicht vor 2026 fertiggestellt werden. Diese Sachlage wird entweder zur Verzögerung des Produktionsstarts führen oder zur Induktion zusätzlichen Straßengüterverkehrs in unbekannter Größenordnung – mit allen entsprechenden Folgen für die betroffenen Landes- und Kommunalstraßen sowie den östlichen Berliner Ring (A10) mit der Anschlussstelle Freienbrink.
     
  3. Der Bau eines zusätzlichen Autobahnanschlusses am nordwestlichen Rand des Werksgeländes ist unserer Kenntnis nach bisher nicht durch konkrete (Vor-) Planungen unterlegt, soll nach neueren Angaben allerdings auch schon zum Betriebsstart Mitte 2021 zur Verfügung stehen. Weitergehende Überlegungen für den Güterverkehr wie die Errichtung eines Terminals für den Kombinierten Güterverkehr an der Bahnstrecke Berlin–FFO werden derzeit offenbar nirgendwo betrachtet. In jedem Fall ist eine Beteiligung der Firma Tesla an den Planungs- und Baukosten angezeigt.
     
  4. Ähnlich verhält es sich mit der angedachten Verlegung des Bahnhofs Fangschleuse sowie die absehbar erforderliche Ober- oder Unterführung der L23 über bzw. unter die Bahnstrecke Berlin–FFO am bisherigen Bahnhofsstandort. Hierfür sind unserer Kenntnis nach bisher keinerlei (Vor-) Planungen in Arbeit. Die von Tesla ins Spiel gebrachte Verlängerung der S-Bahnlinie S3 von Erkner nach Fangschleuse wird von der DB angesichts der (so wörtlich) „gigantischen“ technischen und finanziellen Dimensionen als unrealistisch bewertet.
     
  5. Die von Tesla kürzlich neu ins Spiel gebrachte Einrichtung eines Werksshuttles auf der Schiene zwischen Berlin und dem Fabrikstandort ist als durchaus sinnvoll zu bewerten. Auch hierfür wäre jedoch eine Modernisierung und Erweiterung der Bahnanlagen auf das Werksgelände (vgl. Punkt 2), nebst Neubau einer Bahnsteigkante und zusätzlichen Genehmigungen für den Personenverkehr erforderlich. Bisher liegen nach unserer Kenntnis keinerlei Planungen dafür vor. Eine Realisierung bis zum geplanten Produktionsstart im kommenden Jahr sind auf Grund der Zeitschienen für den Infrastrukturausbau sowie die Bindung eines Eisenbahnverkehrsunternehmens mit hinreichendem Fahrzeug- und Personalbestand mehr als fraglich.
     
  6. Es liegen bisher nur einzelne Konzepte oder Maßnahmen zur Neuorganisation des regionalen ÖPNV vor. Sicher scheint bisher lediglich die Taktverdichtung des RE1 auf drei Fahrten pro Stunde (ab 2024) sowie stündlich ein zusätzlicher Halt am Bahnhof Fangschleuse (ab Dezember 2020). Jenseits weniger Ertüchtigungen beim RE1 profitiert Ostbrandenburg auch nicht vom Investitionsprogramm „i2030“ für die Bahninfrastruktur. Empfohlen wurde in der Landtagsanhörung des Verkehrsausschusses jedoch etwa die Reaktivierung der Bahnstrecke Beeskow–Bad Saarow. Die DB-Tochter RegioBus hat ein erstes Konzept zur Einrichtung einer PlusBus-Verbindung zwischen Königs Wusterhausen und dem Bahnhof Fangschleuse sowie für einen Shuttle-Bus von dort zum Werksgelände vorgelegt. Es fehlen Überlegungen zum Umgang mit den bestehenden Buslinien 429 und 436 sowie zur Anbindung des Tesla-Standortes an den S-Bahnhof Erkner und die Bahn-Achse S5/RB26 (etwa mit einem weiteren PlusBus zwischen den Bahnhöfen Fangschleuse sowie Neuenhagen und/oder Strausberg). Der Landkreis Oder-Spree hat gegenüber der Linksfraktion sowie dem Landtagsverkehrsausschuss deutlich gemacht, dass die mit der Ausweitung des regionalen ÖPNV-Angebotes verbundenen Mehrkosten nicht ohne Einschränkungen an anderer Stelle gedeckt werden können. Eine finanzielle Unterstützung des Landes steht bisher nicht in Aussicht.
     
  7. Konkrete (Vor-) Planungen für die regionale Radverkehrsinfrastruktur werden vom Landkreis aktuell angeschoben. Das betrifft sowohl die Verlängerung bestehender Radwege an der L23 und L38 bis zum Werksgelände, als auch die Einrichtung einer Radschnellverbindung von Erkner zum Werksgelände. Wie beim ÖPNV ist hierbei völlig unklar, wer die aus dem Kreishaushalt allein nicht zu tragenden Mehrkosten schultert. Eine Kostenbeteiligung des Investors und/oder des Landes sind bisher nicht absehbar.
     
  8. Ein seitens der Anrainerkommunen an die Linksfraktion herangetragenes und in der öffentlichen Auseinandersetzung um die Tesla-Ansiedlung bisher völlig ausgeblendetes Problemfeld ist der Lärmschutz an Straßen und Schienenwegen. Mehr Verkehr verursacht (noch) mehr Lärmemissionen – ob in der schon von allen Seiten verlärmten Stadt Erkner oder in bisher ruhigeren Ortslagen der Gemeinde Grünheide.

 

Vor dem Hintergrund dieser Bestandsaufnahme sind aus verkehrspolitischer Perspektive folgende Anforderungen an die Tesla-Ansiedlung zu formulieren, die vor einer Inbetriebnahme der Produktionsanlage zu erfüllen sind:

a) Erarbeitung eines Konzepts zum betrieblichen Mobilitätsmanagement durch die Firma Tesla mit konkreten Zielzahlen und Maßnahmen, wie der Personenverkehr zum, vom und auf dem Werksgelände vorrangig mit den Verkehrsmitteln des Umweltverbunds abgewickelt wird.

b) Unverzügliche Aufnahme konkreter Bauplanungen für die Erweiterung der Bahnanlagen am und auf dem Werksgelände als Voraussetzung dafür, den Großteil des Güterverkehrs und ggf. einen erheblichen Teil des Personenverkehrs auf der Schiene abzuwickeln.

c) Zeitnahe Aufnahme konkreter Planungen zur Verlegung des Bahnhofs Fangschleuse sowie die Neugestaltung der Kreuzung der Bahnlinie Berlin–FFO mit der L23. Abschluss einer Finanzierungsvereinbarung des Landes mit der Firma Tesla zur Beteiligung des Investors an den Kosten dieser Maßnahmen.

d) Erarbeitung eines gemeinsamen Aktionsplans von Landkreis, Land und Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) zum stufenweisen Ausbau des regionalen ÖPNV sowie der regionalen Radwegeinfrastruktur mit kurz-, mittel-und langfristigen Perspektiven. Die Mehrkosten für die Realisierung der Maßnahmen sind anteilig durch das Land und den Investor zu tragen. Dazu gehört die Reaktivierung der stillgelegten Bahnverbindung Bad Saarow–Beeskow.

e) Erarbeitung eines „Rahmenplans zur Lärmaktionsplanung im Umfeld der Tesla-Gigafactory Berlin-Brandenburg“ nach dem Vorbild der vom Land koordinierten Lärmaktionsplanung im Umfeld des Flughafens BER. Die Umsetzung von auf die Industrieansiedlung zurückzuführenden Lärmschutzmaßnahmen sind durch den Investor zu finanzieren.

 

(B) Wohnen

Es ist davon auszugehen, dass die Tesla-Ansiedlung den Zuzugsdruck im südöstlichen Berliner Umland weiter steigern wird. Allerdings ist schwer abschätzbar, in welchem Umfang und in welchem zeitlichen Verlauf sich dies vor Ort bemerkbar machen wird. Das Wohnungsangebot ist seitens des Landes zudem nur sehr begrenzt steuerbar, weil hierfür zunächst die Städte und Gemeinden verantwortlich sind.

Aus Sicht der Fraktion DIE LINKE ist in jedem Fall dafür Sorge zu tragen, dass die Tesla-Ansiedlung die ohnehin bestehenden Verteuerungs- und Verdrängungstendenzen auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt nicht zusätzlich befeuert. Das Land und die Kommunen sind dazu aufgefordert, alle ihnen dafür zur Verfügung stehenden Instrumente zu ergreifen.

Es ergeben sich aktuell folgende Problemstellungen:

  1. Von den Maßnahmen der Landesregierung zur Mietpreisregulierung (Kappungsgrenzen- und Mietpreisbegrenzungsverordnung) werden in einem Umkreis von 20 km um den Tesla-Standort bislang nur neun Städte und Gemeinden erfasst (MOL: Neuenhagen, Hoppegarten, Petershagen/Eggersdorf; LOS: Erkner, Schöneiche; LDS: Eichwalde, Zeuthen, Wildau, Königs Wusterhausen). Es ist zu erwarten, dass der Zuzugs- und Preisdruck im Zusammenhang mit der Tesla-Ansiedlung auf weitere Gemeinden in Ostbrandenburg ausstrahlt.
     
  2. Diskutiert wird bereits über eine Änderung der Landesentwicklungsplanung. Insbesondere in den Städten und Gemeinden der Region, die nach LEP HR nicht zum Gestaltungsraum Siedlung gehören, werden Forderungen laut, die damit verbundenen Beschränkungen bei der Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich zu lockern oder gar aufzuheben. Hierbei ist genau abzuwägen, welche absehbaren sozialen und ökologischen Folgen damit verbunden wären und ob auf diesem Wege tatsächlich mehr preiswerte Mietwohnungen geschaffen würden.
     
  3. Unserer Kenntnis nach haben die Städte und Gemeinden in der Region die soziale Wohnraumförderung zur Schaffung preiswerter Mietwohnungen bislang eher zögerlich in Anspruch genommen. Das zeigte kürzlich auch die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage. In diesem Zusammenhang ist zu erwägen, wie seitens des Landes weitere Anreize und Hilfestellungen für zusätzlichen sozialen Wohnungsbau in den Kommunen des Tesla-Umfelds gegeben werden können.

In diesem Zusammenhang sind aus wohnungspolitischer Perspektive folgende Anforderungen an die Landesregierung zu formulieren:

a) Die Verlängerung der Maßnahmen zur Mietpreisregulierung über den 31.12.2020 hinaus sowie die Berücksichtigung weiterer Kommunen im Umfeld des Tesla-Werks.

b) Behutsame Überprüfung der landesplanerischen Regulierung der Siedlungsflächenentwicklung im Rahmen der Regionalplanung sowie ggf. eines Zielabweichungsverfahrens zum LEP HR. Hierbei ist zu prüfen inwiefern ein Fokus auf den Geschosswohnungsbau und preiswerte Mieten gelegt werden kann. Eine ungehemmte und landesseitig ungesteuerte Ausweisung neuer Baugebiete ist auszuschließen.

c) Einrichtung einer Koordinations- und Beratungsstelle zur Ansiedlung von Wohnen und Gewerbe bei der Regionalen Planungsstelle mit finanzieller Unterstützung des Landes.

d) Weitergehende Unterstützung der Städte und Gemeinden in der Region bei der Bereitstellung preiswerter Mietwohnungen, etwa durch zusätzliche Unterstützung beim Grunderwerb (über die soziale Wohnraumförderung hinaus). Nötigenfalls sollte das Land selbst Wohnungsbauvorhaben mit einem landeseigenen Unternehmen durchführen.

e) Im Zusammenhang mit der Siedlungsflächenentwicklung entstehen zusätzliche Bedarfe bei der Entwicklung der sozialen Infrastruktur (etwa bei Kitas, Schulen, Senioreneinrichtungen). Auch hier sollten Investor und Landesregierung einen Beitrag leisten und die Kommunen mit dem absehbaren Mehraufwand nicht allein lassen.

 

(C) Genehmigungsverfahren

Tesla hat im Dezember 2019 einen Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung eingereicht und den Umweltbericht veröffentlicht. Die Frist für die öffentliche Beteiligung endete im Februar, der für Mitte März vorgesehene Erörterungstermin musste auf Grund des Corona-Lockdowns abgesagt werden. Im Juli 2020 wurde ein geänderter Genehmigungsantrag eingereicht, die Stellungnahmefrist endet Anfang September. Bislang wurden fünf vorgezogene Maßnahmen nach § 8a Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSehG) genehmigt: Von der Rodung des Waldes bis zur Errichtung der Gebäude inklusive Pfahlgründungen. Solche vorgezogenen Maßnahmen können laut Gesetz genehmigt werden, wenn die Erteilung der Gesamtgenehmigung wahrscheinlich ist und öffentliches Interesse besteht. Tesla trägt das Risiko und muss im Fall einer Versagung der Genehmigung zurückbauen. Dies hat Tesla in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zu- und mit einer Patronatserklärung abgesichert. Diese Absicherung räumt jedoch dem Land Brandenburg keine direkten Ansprüche gegenüber dem Investor ein. Die Regelungen gelten bis zur Genehmigungserteilung. Sollte eine erteilte Genehmigung gerichtlich aufgehoben werden, wäre Tesla rückbaupflichtig, doch die Finanzierung des Rückbaus ist nicht durch Sicherheitsleistungen abgedeckt und gesetzlich auch nicht vorgesehen.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat den vorgezogenen Beginn der Rodungsmaßnahmen für rechtmäßig erklärt. Klagen gegen die weiteren vorzeitigen Genehmigungen sind nicht bekannt. Das Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft (MLUK) rechnet mit dem Abschluss des Genehmigungsverfahrens im Herbst 2020. Der Erörterungstermin soll am 23. September 2020 in Erkner stattfinden.

Die Genehmigung nach BlmSchG in Zuständigkeit des Landesamtes für Umwelt umfasst alle Belange, mit Ausnahme der Genehmigungen für die Entnahme und Einleitung von Wasser. Dafür ist der Landkreis in einem separaten, aber mit dem BlmSchG-Verfahren koordinierten Genehmigungsverfahren zuständig. Die notwendige Befreiung von den Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung wiederum ist Teil des BlmSchG-Verfahrens.

Es ergeben sich aktuell folgende Problemstellungen:

  1. Das Verfahren wird unter enormem Zeitdruck durchgeführt, der auf Kosten von Genehmigungsstandards stattfindet. So wurde auf die üblichen Untersuchungen von Flora und Fauna im Umweltbericht verzichtet und lediglich eine Potenzialanalyse vorgelegt. Der von Tesla aufgemachte Zeitdruck wird von den Genehmigungsbehörden bedient. Anträge auf vorgezogene Maßnahmen werden innerhalb kürzester Frist genehmigt. Es ist nicht immer transparent, welche Untersuchungen vorliegen und in die Entscheidungen einbezogen werden. So gab es beispielsweise von Seiten des MLUK widersprüchliche Aussagen zu den Grundwasserleitern, die durch die Pfahlgründungen berührt werden, und zu einer möglichen Gefahr des Aufstiegs von Salzwasser in den oberflächennahen Grundwasserleiter. Das übereilte Vorgehen birgt drei Gefahren: Erstens könnten unvorhergesehene und dauerhafte negativen Umweltauswirkungen eintreten. Zweitens kann es zu Rechtsunsicherheiten und damit zum Scheitern des Tesla-Genehmigungsverfahrens vor Gericht kommen. Drittens droht die Absenkung von Genehmigungsstandards in weiteren Verfahren. Letztere sind aber für einen angemessenen Interessensausgleich notwendig.
     
  2. Durch die vorgezogenen Genehmigungen nach § 8a BlmSchG werden vollendete Tatsachen geschaffen, bevor die Genehmigungsvoraussetzungen geklärt sind. Eine gründliche Klärung der fachlichen Fragen und eine Abwägung der Einwendungen ist nicht möglich. Theoretisch ist es zwar vorstellbar, dass die Genehmigung nicht zustande kommt und Tesla zurückbauen muss. In der Praxis ist das jedoch aus politischen Gründen undenkbar: Die Genehmigung wird erteilt werden, egal welche Tatsachen im Lauf des weiteren Verfahrens noch bekannt werden.
     
  3. Größter inhaltlicher Knackpunkt dürfte die Frage des Wassers sein. Tesla will in der ersten Ausbaustufe das notwendige Wasser aus dem Trinkwassernetz entnehmen. Der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) hat aber schon jetzt mit Wassermangel zu kämpfen. Nachdem er zunächst die Wasserversorgung des Werkes schon ab der ersten Ausbaustufe öffentlich als unsicher darstellte, formuliert der WSE diese Probleme nunmehr erst für die weiteren Ausbauphasen. Die Auswirkungen der zusätzlichen Wasserentnahme in der ersten Phase auf den Grundwasserstand und damit auf die Trinkwassergewinnung sowie auf benachbarte, hoch wertvolle Feuchtgebiete mit FFH-Status sind offenbar nicht untersucht worden. Die im Frühjahr genehmigte Wasserentnahme durch den Wasserverband liegt zwar auf dem Papier kaum höher als bisher, de facto kommt es allerdings zu einer örtlichen Verlagerung der Wasserfassung und zu einer deutlich erhöhten Förderung, weil die zuvor genehmigten Mengen nie ausgeschöpft werden konnten. Angekündigt sind jetzt ein hydrogeologisches Gutachten und eine Arbeitsgruppe zur perspektivischen Wasserfassung in der Region. Diese befassen sich jedoch offenbar mit den Möglichkeiten für spätere Wasserfassungen in den weiteren Ausbauphasen, während die Erkenntnisse in das aktuelle Genehmigungsverfahren nicht mehr einfließen können. Weitere Probleme betreffen die potenzielle Gefährdung des Grundwassers durch gefährliche Stoffe im Wasserschutzgebiet und die mögliche Gefahr durch Aufstieg salzhaltigen Tiefenwassers in die oberen Grundwasserleiter. Es wird in Frage gestellt, ob das Klärwerk Münchehofe die anfallenden Abwassermengen ordnungsgemäß bewältigen kann.
     
  4. Trotz Informationsangeboten vor Ort lässt die Transparenz des Verfahrens weiterhin zu wünschen übrig. Es bleibt für die Öffentlichkeit überwiegend unklar, auf welcher Grundlage Genehmigungen erteilt werden. Über die Wasserproblematik gibt es widersprüchliche Verlautbarungen etwa aus dem Wasserverband, von den Umweltverbänden und aus dem MLUK – ohne dass diese anhand von Unterlagen aufgeklärt werden könnten. Offen bleibt zudem, wie sich nachträgliche Änderungen in der Planung auf das Genehmigungsverfahren und in den Umweltauswirkungen niederschlagen. Ein Beispiel ist das Hin und Her bei der Frage, ob die Batteriefertigung im Werk Grünheide stattfindet oder anderenorts.

Folgende Forderungen leiten sich aus dieser Situation ab:

a) Die Transparenz des Verfahrens muss deutlich erhöht werden – durch eine Veränderung der Informationspolitik durch Tesla und durch die Landesbehörden.

b) Es soll ein Runder Tisch zur Wasserversorgung eingerichtet werden, um dieses besonders heikle Thema gemeinsam mit Vertreter*innen des Unternehmens, der Behörden, des Wasserversorgers und von Bürgerinitiativen und Verbänden zu beraten. Mittelfristig braucht es (auch mit Blick auf die Klimaveränderungen) eine länderübergreifende Strategie zur sicheren Trinkwasserversorgung in der Region Brandenburg-Berlin.

c) Es muss eine gründliche Untersuchung aller Umweltauswirkungen im Zusammenhang mit der Errichtung der „Gigafactory“ durchgeführt werden. Dies betrifft beispielsweise die Auswirkung der vermehrten Wasserförderung und die Gefahr einer Trinkwasserversalzung.

d) Bevor diese Untersuchungen vorliegen und bevor die Stellungnahmen (inkl. Erörterungstermin) nicht ausgewertet sind, dürfen keine weiteren vorgezogenen Genehmigungen nach § 8a BlmSchG erteilt werden.

 

(D) Wirtschaftsförderung

Mit der Unterzeichnung des Letteroj Intend (LOI) am 12.11.2019 wurde ein erster Antrag von Tesla auf Förderung nach GRW-G bei der Investitionsbank des Landes (ILB) gestellt. Die GRW-Förderung muss bei der Europäischen Kommission notifiziert werden. Berücksichtigt wird dabei das gesamte Investitionsvorhaben bis zur Endausbaustufe.

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie (MWAE) geht von einer Gesamtförderung in Höhe von 280 Millionen Euro aus. Dies entspräche bei einem förderfähigen Investitionsvolumen von rund 4 Milliarden Euro einem Fördersatz von 6,8 Prozent. Die Beantragung der Notifizierung durch die EU-Kommission läuft über das Bundeswirtschaftsministerium und befindet sich in Vorbereitung. Das land geht in keinerlei Vorleistung. Darüber hinaus können Fördermittel nach der ESF-Weiterbildungsförderung zur Fachkräftequalifizierung (mit bis zu 50 Prozent Förderung) in Anspruch genommen werden.

Wir erwarten von Tesla:

a) Die Einhaltung von Tarifverträgen bzw. den Abschluss von tarifvertraglichen Regelungen und Tarifbindung vom ersten Tag an.

b) Die Verlegung des Unternehmenssitzes der Tesla Manujacturing Brandenburg SE an den Standort Grünheide (Mark).

 

(E) Flächenerwerb

Das Land verkauft rund 300 Hektar Landesfläche an Tesla. Der Kaufvertrag wurde am 27.01.2020 notariell beurkundet. Der gutachterlich ermittelte Verkaufspreis beträgt 43,4 Millionen Euro (14,35 Euro pro Quadratmeter).

Tesla ist am Erwerb weiterer Flächen, die östlich gelegen und nicht vom Bebauungsplan erfasst sind, interessiert. Diese sind auch im Besitz des landesforstbetriebes. Für diese Fläche soll erst ein Bebauungsplan aufgestellt werden und dann der Verkauf erfolgen.

Zudem erwägt Tesla die Nutzung von Flächen im direkt angrenzenden Güterverkehrszentrum (GVZ) Freienbrink. Teilflächen mit einer Größe von circa 11,6 Hektar sind im Bestand der Landesentwicklungsgesellschaft i. L. (LEG). Die LEG ist noch Grundeigentümerin des kleineren Teils (rund 22 Hektar) der Gesamtfläche an dem Standort GVZ Freienbrink.

Mit Tesla sind Rückbauverpflichtungen vereinbart worden. Nach zwei Jahren muss die Investitionsverpflichtung für die erste Ausbaustufe erfüllt sein. Wenn dies bis zum 31.12.2021 nicht erfolgt ist, tritt die Rückbauverpflichtung ein. Allerdings betrifft diese nicht die Infrastruktur, die auch nach Tesla von der Öffentlichkeit genutzt werden kann, z.B. Erschließungsstraßen. Inwieweit die Rückbauverpflichtungen tatsächlich durchsetzbar sind, hängt von der Ausgestaltung der Patronatserklärung mit dem Unternehmen ab.

 

Potsdam, 1. September 2020

 

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