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Landratswahl in Oder-Spree mit Überraschung

Am 30. September 2009 kam der Kreistag des Landkreises zu seiner 8. Sitzung zusammen. Hauptthema und von vielen – auch den Kreistagsabgeordneten selbst – mit Spannung erwartet war die Wahl des Landrates für die nächsten 8 Jahre.

Ein kurzer Rückblick:

In seiner 5. Sitzung am 22.04.2009 hatte eine Kreistagsmehrheit, bestehend vor allem aus den Fraktionen der SPD/Bd. 90-Grüne, von CDU und dem Bürgerverband Oder-Spree (BVOS) verhindert, dass der nächste Landrat/die nächste Landrätin in LOS direkt durch die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises gewählt werden kann. Vielmehr spekulierten vor allem die kooperierenden Fraktionen SPD/Bd.90- Grüne und CDU darauf, dass mit der indirekten Wahl durch den Kreistag ihr Kandidat Dr. Eckhard Fehse, seines Zeichens 1. Beigeordneter und Kämmerer des Landkreises- relativ sicher in das Amt des Landrates gewählt werden könnte. Der nächste Schritt sollte dann die in der Kooperationsvereinbarung zwischen SPD/Bd.90-Grüne und CDU abgesprochene Postenverteilung in der Verwaltung werden. Die Begründungen, welche aus den beiden Fraktionen für die indirekte Wahl, gegen die von der SPD-CDU-Landesregierung in der novellierten Kommunalverfassung ab 2010 festgeschriebene Direktwahl der Landräte in Brandenburg, vorgebracht wurden, sind schon recht abenteuerlich.

Herr Hilke, CDU, führte z.B. aus:

„...Der Landrat steht ...einer Behörde mit 1000 Mitarbeitern vor, die geleitet werden muss. Hierbei ist neben dem politischen Verstand noch viel mehr Sachverstand erforderlich. Eine übertriebene Politisierung dieses Amtes, die eine Direktwahl unweigerlich mit sich brächte, wäre für die tägliche sachliche Arbeit abträglich....Populismus hielte Einzug, fachfremde Erwägungen gewännen Überhand....Darüber hinaus bietet die indirekte Wahl des Landrates dem Kreistag mehr Einflussmöglichkeiten. Ein direkt gewählter Landrat könnte im Streitfall entgegnen: Was wollt Ihr denn – ich bin vom Volk bestimmt. Im Ergebnis wäre der Landrat faktisch unabhängiger vom Kreistag. Das dies der Wunsch der Bürger sein soll, ist doch Unsinn...“

Soviel Herr Hilke, seinerzeit als Generalsekretär der CDU Brandenburg gehörte er noch zu den glühenden Verfechtern der Direktwahl der Landräte.

Auch die Fraktionsvorsitzende der SPD/Bd.90-Grüne im Kreistag, Frau Kilian, gab durchaus bemerkenswerte Statements von sich und stellte den Sinn der Direktwahl der Landräte stark in Frage :

„...Wie war die Annahme der Angebote für eine direkte Bürgerbeteiligung in den letzten Jahren? Es ist nämlich in der Öffentlichkeit verbreitet Unverständnis dahingehend wahrzunehmen, dass man als Wähler in Bund, Land und Kommunen Abgeordnete wählt, damit diese sich mit den immer komplexer werdenden Sachfragen eingehend auseinander setzen und zu abgewogenen Entscheidungen kommen, und anschließend dieser sich im Parlament verkörpernde Bürgerwille zunehmend dadurch unterlaufen wird, dass spezifische Sonderinteressen über Initiativen, Volksbegehren usw. versuchen, die eigentlichen Mandatsträger in ihrer Entscheidungsfindung zu überholen....“

Und zur Rechtsstellung eines Landrates in Brandenburg lieferte Frau Kilian noch beachtenswerte Erkenntnisse der Bundes- und Landesgesetzgebung:

„...Wäre der Landrat wirklich das Selbstverwaltungsorgan der Bürgerschaft des Landkreises, dann würden wir alle ohne Zögern der Direktwahl zustimmen können. Aber die Verhältnisse stellen sich nun einmal grundlegend anders dar. ...Er ist in erster Linie ein Vollzugsorgan, das sich zwar im kommunalen Rahmen bewegt, wesentliche Steuerungsvorgaben aber etwa als Leiter einer unteren Behörde oder als verlängerter Arm der Landesregierung von übergeordneter Stelle erhält. Das kommunalpolitische Gestaltungsvermögen tritt hinter dieser Funktion weitestgehend zurück. Wenn man das ignoriert oder gar leugnet, dann gaukelt man den Kreisbürgern Einflussnahme und Gestaltungsmöglichkeiten vor, die weder ihnen im Wahlakt noch dem von ihnen gewählten Landrat bei seiner Aufgabenwahrnehmung tatsächlich zustehen....“

Nachdem die Entscheidung am 22.04.2009 in namentlicher Abstimmung mit 28 zu 25 Stimmen zugunsten der indirekten Wahl gefallen war (unsere Fraktion votierte ausnahmslos für die Direktwahl), erfolgte die Ausschreibung für die Bewerbungen um das Amt des Landrates in üblicher Weise.

Am 03. September 2009 stellten sich dann die 3 BewerberInnen um das Amt in einer Sondersitzung des Kreistages den Abgeordneten vor.

 

Bewerber waren:

Herr Dr. Eckhard Fehse (SPD) – s.o.

Frau Angelika Seidemann (parteilos)

Herr Manfred Zalenga (parteilos) – derzeitiger Landrat

Die Kandidaten präsentierten in unterschiedlicher Weise ihr durchaus auch unterschiedliches Verständnis von Kommunalpolitik im Landkreis und ihre Vorstellungen für die Entwicklung des Landkreises und der Kreisverwaltung. Frau Seidemann als Seiteneinsteigerin hatte sicherlich die schlechtesten Karten, offenbarte allerdings auch wenig Widerstands- und Protestwillen gegen Vorhaben der Landesregierung – z.B. gegen die Untersuchungen zur CO2-Verpressung im Landkreis.

Herr Dr. Fehse konzentrierte sich in seiner Vorstellung vor allem auf einen Umbau, ein Leitbild und die Effektivierung der Kreisverwaltung sowie Themen der Wirtschaftsförderung und des Tourismus.

Herr Zalenga wiederum setzt auf Kontinuität in der Entwicklung des Landkreises vor allem in seiner Ausgleichsfunktion innerhalb der kommunalen Familie der Städte, Ämter und Gemeinden. Die Kreisverwaltung spielt für ihn dabei ebenso eine wichtige Rolle als Dienstleister für die Bürger. Oberster Grundsatz für ihn als Behördenleiter: Rechtssicherheit geht vor Schnelligkeit. Und nicht zuletzt sei ihm der direkte Kontakt zu möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern eine wesentliche Rückkopplung zu seiner Tätigkeit.

Die Herren Zalenga und Dr. Fehse untermauerten ihre Vorstellung gegenüber unser Fraktion in Fraktionssitzungen und standen unseren Abgeordneten Rede und Antwort.

Nach intensiven Diskussionen in der Fraktion, nach Auswertung der Erfahrungen der zurückliegenden Wahlperiode und Einschätzung möglicher Handlungsalternativen unserer Fraktion im Kreistag bei dem einen oder anderen Landrat verständigten wir uns auf eine Unterstützung für Herrn Zalenga.

In der Zeit bis zur entscheidenden Kreistagssitzung am 30.09.09 gab es die Bundes- und Landtagswahlen mit den bekannten Wahlergebnissen, welche auch für die Kreistagsfraktionen nicht ohne Folgen blieben. Für uns z.B. waren die Ergebnisse durchweg erfreulich – Peer Jürgens und Helga Böhnisch konnten ihre Direktwahlkreise gewinnen- , nicht jedoch für die SPD-Fraktion – hier z.B. die Wahlniederlage von Herrn Vogelsänger gegen Thomas Nord. In der Zwischenzeit gab es aber sicherlich auch viele Gespräche zur Absicherung der Stimmenmehrheiten für die Landratskandidaten.

Es versprach also am 30.09. sehr spannend zu werden. Eigentlich hatte wohl kaum jemand damit gerechnet, dass es bereits im 1. Wahlgang zu einer klaren Entscheidung kommen könnte. Zu knapp war die rechnerische Aufteilung der Stimmberhältnisse im Kreistag.

Zur Erläuterung: Die „Unterstützer-Fraktionen“ von Dr. Fehse – SPD/Bd.90-Grüne und CDU – verfügen über 27 Abgeordnete im Kreistag, von denen einer in der Sitzung fehlte. Unsere Fraktion verfügt über 16 Abgeordnete – alle waren anwesend. Weiterhin sind die FDP mit 5 Abgeordneten, der BVOS mit 5 Abgeordneten und die NPD mit 3 Abgeordneten (eine fehlte) im Kreistag vertreten. Der Kreistag besteht damit aus 56 Abgeordneten plus Landrat. Landrat Zalenga unterlag dem Mitwirkungsverbot bei der Wahl, so dass für eine Entscheidung im 1. Wahlgang eine Mehrheit von 29 Stimmen erreicht werden musste. Anderenfalls würde ein 2. Wahlgang erforderlich, in welchem dann eine einfache Stimmmehrheit ausreichend wäre.

Das erstaunliche Ergebnis des geheimen 1. Wahlganges lautete dann:

33 Stimmen für Herrn Zalenga

21 Stimmen für Herrn Dr. Fehse

0 Stimmen für Frau Seidemann

und damit eine klare Entscheidung für eine zweite Amtsperiode für Manfred Zalenga als Landrat.

Offensichtlich hatte Dr. Fehse doch keinen 100%igen Rückhalt in seiner und der CDU-Fraktion. Die Kooperationsvereinbarung zwischen SPD/Bd,90-Grüne und CDU dürfte damit das Papier nicht mehr wert sein, auf welchem sie geschrieben wurde.

Für uns bedeutet das Wahlergebnis und die Wahl von Manfred Zalenga, dass wir eine neue Qualität der Zusammenarbeit mit dem alten und neuen Landrat anstreben werden. Aber auch unsere Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen im Kreistag (die NPD ist keine Fraktion !!) werden wir neu überdenken müssen, um unsere formulierten Ziele für den Landkreis weiter umsetzen zu können.

 

Monika Huschenbett

Fraktionsvorsitzende Die LINKE im Kreistag Oder-Spree


Fraktionsgeschäftsstelle 

Uwe Tippelt
Fraktionsgeschäftsführer

 

DIE LINKE Kreisverband Oder-Spree
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