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Die Luft zum Atmen

Am 27. August 2009 fand im Landratsamt in Beeskow eine Sondersitzung des Ausschusses für Ordnung, Recht, Landwirtschaft und Wirtschaft statt.

Einziger Tagesordnungspunkt war eine Information zu den Vorkommnissen bei der Wartung und Überprüfung der Atemschutzgeräte für die Feuerwehren im Landkreis, über die in der regionalen Presse berichtet wurde.

Besagte Information ließ tief blicken, obwohl ich nach der Ausschusssitzung kaum mehr weiß, als davor. Zunächst bekamen die Abgeordneten ein Papier mit den „Rechtsgrundlagen für die Wartung, Pflege, Reinigung, Desinfektion, Reparatur, Prüffristen und Grundüberholung der Atemschutzgeräte für öffentliche Feuerwehren“ ausgehändigt. Es ist eine Sammlung aus folgenden Vorschriften:

1. Hinweise zur Grundüberholung des Lungenautomaten einschließlich des Schlauchs, Informationsbroschüre des Herstellers

2. vfdb – Richtlinie 08/04 vom Juli 2002 über Wartung von Atemschutzgeräten für die Feuerwehren

3. Ministerium der Innern des Landes Brandenburg, Runderlass III Nr. 109/1992

4. Ministerium der Innern des Landes Brandenburg, Rundschreiben der Abteilung III Nr. 1/01 zur Regelung technisch – rechtlicher Fragen im Brand – und Katastrophenschutz vom 10.05.2001

5. BRA VORS, Rechtliche Regelungen zum Atemschutz vom 23.12.2002

6. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Wartung von Atemschutzgeräten für die Feuerwehren BGI/GUV – I 8674 Juli 2008

7. Feuerwehr Dienstvorschrift 7 – Atemschutz - Ausgabe 2002 mit Änderungen 2005

Der Ordnungsamtsleiter, meines Wissens nach ein Jurist, erklärte uns, dass die Vorschriften für Pressluftatemgeräte mit Auslieferung vor einem Stichtag im Jahr 2002 nur „Kannvorschriften“ sind und folglich nicht von nicht eingehaltenen Überprüfungs – und Grundüberholungsintervallen (festgelegte Verschleißteile werden gegen neue ausgetauscht) gesprochen werden kann.

Das Herleiten dieser Erkenntnis war atemberaubend. Er sprang von einer Vorschrift zur nächsten, schloss eine dritte aus, um sie die vierte zitierend wieder in die Begründungen aufzunehmen usw. Ob die uns vorliegenden Vorschiften alle relevanten Vorschiften waren oder ob es noch mehr gibt, die wiederum zu ganz anderen Schlüssen führen, konnte nicht abschließend geklärt werden.

Für mich kam dabei heraus: Kann sein, es ist so, kann sein, es ist nicht so!

Um es kurz zu machen. Es ist mir egal, was bei der ganzen juristischen Betrachtung herauskommt. Das interessiert den Richter, wenn wirklich jemand zu Schaden kommt und das ist relevant für die dienstrechtliche Bewertung der Tätigkeit der kleinen Beamten, die mit der Überprüfung und Wartung der Atemschutzgeräte beauftragt sind.

Diese Betrachtung ist für mich nicht relevant, wenn man die Arbeit des Brandenburger Innenministeriums, sowie die Leitung und Arbeitsorganisation innerhalb der Kreisverwaltung in dieser Frage bewertet. Da steht ganz klar der Fakt, dass es hier um Leben und Gesundheit der Feuerwehrleute geht, die Leben, Hab und Gut ihrer Mitmenschen im Fall von Bränden und anderen Katastrophen retten.

Die vorhandene Atemschutztechnik muss einfach einsatzbereit, d.h. nach dem heutigen Stand der Technik sicher sein. Prüfungen und Grundüberholungen sind in jedem Fall durchzuführen und so zu dokumentieren, dass jeder Feuerwehrmann vor Ort mit einem Blick sieht, ob das Gerät einsatzbereit ist. Dafür wurden einst Prüfplaketten erfunden!

Ein Barcode, mit dem der Status des Atemschutzgerätes auf einem Computer in der Kreisverwaltung eingelesen werden kann ist offensichtlicher Unsinn. Das der Mitarbeiter, der das Passwort zum Computer kennt, gerade krank ist, wenn man den Status eines Atemschutzgerätes abfragen will (muss), wie bereits geschehen, ist dann die logische Folge.

Noch einmal, wenn man nicht sicher weiß, ob ein Gerät in Ordnung ist oder nicht, dann ist es wie ein Gerät, das nicht in Ordnung ist zu behandeln. Erklärungen, wie: wir hatten das Gerät ja geprüft und es fehlt ja nur der Nachweis oder wir mussten es nicht prüfen, weil wir eine andere Rechtsauffassung haben oder es ist ja bisher nichts passiert sind dabei nicht akzeptabel. Es geht um Leben und Gesundheit!

Es gab möglicherweise beim Atemschutz der Feuerwehr weitere Vorkommnisse, die in der Sitzung jedoch nur als unbewiesene Behauptungen in den Raum gestellt wurden und deshalb von mir hier nicht weiter dargestellt werden.

Für solche sicherheitsrelevanten Fragen erwarte ich klare Ansagen durch das Innenministerium, d.h. eine Vorschrift, aus der bei einmaligem Lesen für jeden durchschnittlich gebildeten Bürger eindeutig hervorgeht, woran er ist.

Die Prüfung und Wartung alter Geräte als „Kannvorschriften“ zu empfehlen ist der Hammer. Man stelle sich vor, für neue Autos wird die Hauptuntersuchung zwingend vorgeschrieben und für alte Autos nur noch „empfohlen“. Wissen die Leute, die solche Dinge schreiben und ihre Chefs, die sie unterschreiben überhaupt, was sie tun?

Soweit zur Landesebene, die ich zwar kritisieren kann, auf die ich aber als Kreistagsabgeordneter keinen Einfluss habe.

Die Organisation der Arbeit auf dem Gebiet des Brandschutzes durch die Spitzen der Kreisverwaltung und ihre Kontrolle lassen offensichtlich ebenfalls zu wünschen übrig. Dies ist umso schlimmer, da es vor einigen Jahren mit dem Eigenbetrieb Bevölkerungsschutz vergleichbare Probleme gab. Kompetenz und Engagement wird durch solche Fehlleistungen jedenfalls nicht nachgewiesen.

Die Aufklärung der Ursachen für solche Pannen, die Klärung von Verantwortlichkeiten, vor allem aber die Abstellung der Unzulänglichkeiten, so noch nicht vollständig geschehen und die Vermeidung einer Wiederholung in diesem oder einem anderen Sachgebiet der Kreisverwaltung sind aus unserer Sicht dringend geboten.

Deshalb hat die Fraktion der Partei DIE LINKE für die nächste Kreistagssitzung am 02. 09. 2009 die Einrichtung eines „Sonderausschusses zur Untersuchung der Probleme bei der technischen Sicherstellung der Feuerwehr im Landkreis Oder-Spree“ beantragt. Ein analoger Antrag liegt von der FDP vor. Auf der Ausschusssitzung haben sich die Vertreter der beantragenden Fraktionen mit den übrigen Ausschussmitgliedern dahingehend geeinigt, dass der Ordnungsausschuss diese Funktion vorbehaltlich der Zustimmung durch den Kreistag wahrnehmen kann. Voraussetzungen dafür sind jedoch:

- Er erhält einen klar definierten Untersuchungsauftrag.

- Er führt diesen Auftrag außerhalb seines üblichen Sitzungsturnus kurzfristig aus.

- Der Landrat wird für die Sitzungen, in denen der Ordnungsausschuss als Untersuchungsausschuss tätig ist, als Mitglied in diesen Ausschuss aufgenommen, was bei der Befragung von Beamten aus rechtlichen Gründen notwendig ist.

Jörg Mernitz

Kreistagsabgeordneter


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DIE LINKE Kreisverband Oder-Spree
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